Ex Amore Amor (Allegorie auf die Regierung Landgraf Friedrichs I.)
Ex Amore Amor (Allegorie auf die Regierung Landgraf Friedrichs I.)
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Inventar Nr.:
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KP B VI/II.25 |
Bezeichnung:
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Ex Amore Amor (Allegorie auf die Regierung Landgraf Friedrichs I.) |
Künstler / Hersteller:
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Jacob Dobbermann (1682 - 1745)
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Datierung:
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um 1730 |
Objektgruppe:
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Skulptur / Plastik, Relief |
Geogr. Bezug:
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Kassel |
Material / Technik:
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Elfenbein, geschnitzt und geschabt |
Maße:
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19,7 x 12 x 1,4 cm (Objektmaß)
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Beschriftungen:
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EX · AMORE · AMOR · Signatur: J. D. fz.
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Katalogtext:
Beschreibung und Ikonographie
Das hochformatige Relief, das seitlich von Bäumen gerahmt wird, ist in zwei Zonen geteilt: Himmel und Erde. Auf Wolken sitzend schweben zwei Frauen und ein bärtiger Mann über den Boden, von wo aus eine Schar unterschiedlicher Vögel sie aufmerksam beobachtet. Eine Kartusche in der Mitte am unteren Bildrand trägt die Aufschrift „EX AMORE AMOR“ („Liebe aus Liebe“). Mit muskulösem Arm hält die Frau links, die wie der Mann Flügel besitzt, einen Schild mit dem bekrönten Spiegelmonogramm König Friedrichs von Schweden „FR“, von dem Strahlen ausgehen. Die Frau zu ihrer Linken, die in antikisierendem Gewand und Sandalen in der Mitte des Bildes auf einer Wolke Platz genommen hat, wendet sich dem geflügelten Mann zu, der hinter einer Wolke lagert und zu ihre aufblickt. Über ihm ist ein Regenbogen zu erkennen und über den Frauen fliegen zwei Pfauen. Verschiedene große und kleine Vögel haben sich auf einer Wiese versammelt und nehmen die untere Bildhälfte ein. Gut zu erkennen sind ein zu den geflügelten Personen in den Wolken aufschauender Pelikan am linken Bildrand, ein Pfau, ein Hahn und ein Truthahn. Claudia Nickel erkannte zudem in den vier Vögeln im Vordergrund Tauben, zwischen Pelikan und Pfau einen Schwan, eine Schwalbe und eine Henne neben dem Hahn. Den nach rechts laufenden, emporblickenden Vogel mit halb ausgebreiteten Flügeln interpretierte sie als Adler. Im Hintergrund ist eine hügelige Landschaft zu erkennen, über der Vögel fliegen.
Die Deutung der symbolreichen Szene ist ebenfalls Claudia Nickel zu verdanken. Unter dem Motto „Liebe geht aus Liebe hervor“ stehen sowohl die Vögel als auch der Regenbogen für christliche Tugenden und die Gnade Gottes (Nickel 1985, S. 96), Tauben symbolisieren die Liebe, der Pelikan steht in der christlichen Ikonographie für Aufopferung, Pfauen versinnbildlichen das Paradies, während der Hahn ein Symbol für Wachsamkeit, die Henne für Beharrlichkeit und die Schwalbe für die Auferstehung ist. Der Adler, der auch in der Herrscherikonographie eine bedeutende Rolle spielt, steht für Stärke. Göttliche Gnade kommt in dem Regenbogen zum Ausdruck. Den bärtigen geflügelten Mann deutete Nickel als Windgott Aeolus, dem die Frau in den Wolken aufträgt, die Kunde von Friedrichs gottgefälliger Regierung in alle Himmelsrichtungen zu tragen (Nickel 1985, S. 96).
Zuschreibung
Das Relief wurde mit „J. D. fz.“ signiert und gilt daher als gesicherte Arbeit Jacob Dobbermanns. Auch der enge Bezug zum Kasseler Landgrafenhof mit der allegorischen Verherrlichung der Regierung König Friedrichs I. von Schweden bzw. Landgraf Friedrichs I. von Hessen-Kassel macht Dobbermann als Urheber wahrscheinlich. Den gleichen Schild stellte Dobbermann zudem auf dem gleich großen Relief Felicitas patriae (KP B VI/II.55) erneut dar, einer weiteren Allegorie auf die Regierung Friedrichs.
Datierung und stilistische Einordnung
1731 besuchte König Friedrich I. von Schweden als neuer Landgraf von Hessen-Kassel die Residenzstadt Kassel. Dobbermann, dessen Besoldung als Elfenbein- und Bernsteinschnitzer nach dem Tod Landgraf Carls 1730 gestrichen worden war (Burk 2001; vgl. HLA-HStAM, Best. 5, Nr. 5329, fol. 4r, Nr. 100), starb am 9. Mai 1745 in Kassel als „birnsteinschneider“ in Diensten seiner Majestät des Königs von Schweden (HLA-HStAM, Best. 40 a Rubr. 04, Nr. 2047, Brief der Witwe Jacob Dobbermanns an König Friedrich I. von Schweden im Mai 1745). Da er auch nach dem Tod Landgraf Carls noch mehrere Elfenbeinarbeiten für König Friedrich und seinen Statthalter Wilhelm (VIII.) schuf und Dobbermanns Witwe einen Teil seiner Besoldung als Sterbe- und Gnadenquartal ausgezahlt bekam, muss er bald wieder als Hofkünstler angenommen worden sein. Die Entstehung des Elfenbeinreliefs steht wahrscheinlich in Zusammenhang mit Friedrichs Besuch in Kassel. Möglicherweise war das Relief auch eine Art Bewerbung Dobbermanns um die Stellung, die er unter Landgraf Carl bereits innegehabt hatte. Allegorische Darstellungen auf die Herrschaft der landgräflichen Familie hatte Dobbermann bereits während der Regierungszeit Landgraf Carls in Elfenbein verewigt.
Wahrscheinlich 1719 hatte Dobbermann anlässlich der Krönung Ulrika Elonoras d.J. zur Königin von Schweden ein Elfenbeinrelief geschaffen, das die Apotheose Ulrika Eleonoras darstellt (Prag, Kunstgewerbemuseum, Kybalovà 1997. S. 586). Das Relief versah er mit der Inschrift „EN SUMMUM PIGNUS AMORIS“ („Hier ist das größte Liebesversprechen“), während er dem Relief mit den Initialen Friedrichs die Inschrift „EX AMORE AMOR“ („Liebe aus Liebe“) verlieh. Friedrich war bereits 1720 nach Abdankung seiner Frau schwedischer König geworden, übernahm aber erst nach dem Tod seines Vaters Landgraf Carl 1730 auch die Regierung über die Landgrafschaft Hessen-Kassel.
War die Entstehung des Reliefs mit einem bestimmten Ereignis verknüpft, bieten sich als besonders markante Ereignisse im Leben Friedrichs die Krönung zum schwedischen König 1720 und das Erbe des Landgrafentitels zehn Jahre später an.
Das Relief hat mit 19,7 x 12 x 1,4 cm beinah dieselben Maße wie Felicitas patriae (KP B VI/II.55) mit 19,7 x 12,1 x 1,4 cm, sodass beide Reliefs vielleicht als Ergänzungen zueinander entstanden. Auch Die natali lui, eine Allegorie auf die Regierung Wilhelms (VIII.), den Statthalter Friedrichs in Kassel, besitzt beinah identische Maße, weshalb Claudia Nickel von einer Folge sprach (Nickel 1985, S. 26f.). Da dieses Relief nicht vor 1736 entstanden sein kann, ist es denkbar, dass auch die beiden anderen Reliefs erst um diese Zeit entstanden. Allerdings ist es reizvoll sich vorzustellen, dass Dobbermann Ex Amore Amor oder Felicitas patriae in dem Wunsch schuf, sie dem König bei seiner Anwesenheit in Kassel 1731 zu überreichen. Ob er sie mit nach Schweden nahm und sie nach seinem Tod zurück nach Kassel gelangten oder Dobbermann sie zu einem anderen Zeitpunkt Friedrichs Bruder Wilhelm übergab, ist leider nicht festzustellen.
Sammlungsgeschichte / Provenienz
Im Inventar des Museums Fridericianum ist das Relief folgendermaßen verzeichnet: „25. Ein Basrélief, worauf verschiedenes Geflügel, über welchen einige Personen in den Wolken schweben, worunter eine den doppelten Buchstaben F mit der Krone hält, nebst dem Aeolus. Unten: Ex amore amor. [andere Schrift] Monogr. J.D. fz.“ (Inventar B VI. Copia, S. 31). Spätestens Ende des 18. Jahrhunderts war das Relief also im Besitz von Wilhelms Sohn Landgraf Friedrich II. Aufgrund der allegorischen Darstellung, die konkret auf die Regierung König und Landgraf Friedrichs I. Bezug nimmt, ist jedoch davon auszugehen, dass das Relief bald nach seiner Herstellung in die landgräflichen Sammlungen gelangte.
(Elisabeth Burk, 29.11.2021)
Literatur:
- Scherer, Christian: Elfenbeinplastik seit der Renaissance. Leipzig [1903], S. 96.
- Lenz, August: Führer durch den Unterstock der neuen Bildergalerie zu Kassel von A. Lenz, Königlichem Museums=Inspector, S. 21, Kat.Nr. 25.
- Scherer, Christian: Studien zur Elfenbeinplastik der Barockzeit. Straßburg 1897, S. 131.
- Scherer, Christian: Jakob Dobbermann. In: Hessenland 11 (1897), S. 150-153, S. 152.
- Nickel, Claudia: Der Bernstein- und Elfenbeinschnitzer Jacob Dobbermann (1682-1745). Hausarbeit zur Erlangung des Magistergrades [...] der Universität Göttingen. Göttingen 1985, S. 26 f.; 40; 48; 50; 95 f., Kat.Nr. 35.
- Inventar B VI. Inventar der Gegenstände von Bernstein, Elfenbein, Holz, Stein [...]. [Kassel] nach 1779, S. 30, Kat.Nr. 25.
- Inventar B VI Copia. Museum. Inventarium über Kunstsachen von Bernstein, Elfenbein, Agath, Holz, gebrannte Erde und andern mehr. [Kassel] nach 1779, S. 31, Kat.Nr. 25.
Siehe auch:
- KP B VI/II.54: Die natali lui (Allegorie auf die Regierung Landgraf Wilhelms VIII.)
- KP B VI/II.55: Felicitas patriae (Allegorie auf die Regierung Friedrich I., König von Schweden, Landgraf von Hessen-Kassel)
Letzte Aktualisierung: 27.06.2024